Haarausfall - Vieles kann daran Schuld sein!
Gene und Psyche gelten als Hauptverursacher von Haarausfall, aber auch Immunstörungen, Medikamente, Schwangerschaft, Styling, Pilze und Bakterien können Schuld sein.
Störung des Immunsystems Manchmal richtet sich das körpereigene Immunsystem gegen die Haarwurzeln. Ähnlich wie bei Heuschnupfen, wenn der Körper gegen harmlose Stoffe sein ganzes Verteidigungsarsenal auffährt, greifen Immunzellen dann die eigenen Haarfollikel an. Sie entzünden sich zuerst, dann fallen die Haare aus. Es bilden sich kreisrunde kahle Stellen. Warum Immunzellen, die eigentlich Pilze und Bakterien abtöten sollen, bei dieser Erkrankung (Alopecia areata) die Haarwurzeln angreifen, weiß man noch nicht. Möglicherweise werden hierbei bestimmte körpereigene Moleküle (Autoantigene) nicht mehr ordnungsgemäß vor der Erkennung durch das Immunsystem im Haarfollikel ?versteckt?. Zum Glück zerstört Alopecia areata die Haarfabriken nicht für immer. Allerdings haben Allergiker unter den betroffenen Patienten oft besonders schwer zu behandelnden Haarausfall. Nur ganz selten passiert es, dass das Immunsystem die eigenen Haare nicht nur angreift, sondern dabei auch die Haarwurzeln vernichtet. Bei einem solchen ?vernarbenden? Haarausfall können an der betroffenen Stelle keine Haare mehr nachwachsen. Jahreszeiten Wir Menschen bekommen zwar kein ?Winter?- oder ?Sommerfell? und kennen auch keine Mauser. Trotzdem ist unser Haarwachstum in geringem Maß ebenfalls von den Jahreszeiten abhängig. Im Frühling sind unsere Hormone aktiver. Davon profitieren auch die Haare. Im Herbst wachsen die Haare langsamer und fallen ein paar Wochen auch etwas mehr aus als im Sommer. Eine Rolle spielt dabei auch die UV-Strahlung, der die Haare im Sommer länger ausgesetzt waren. Sie lässt die Haare früher ausgehen. Schilddrüsenstörungen Vor allem Schilddrüsenstörungen können Haarausfall nach sich ziehen. Die Schilddrüse bildet Hormone, die den Stoffwechsel maßgeblich regulieren. Ist diese Aufgabe gestört ? egal, ob durch Über- oder Unterfunktion ? gerät auch die Haarzyklus-Uhr aus dem Takt, die Haare werden dünn, brüchig und fallen schneller aus. In äußerst seltenen Fällen verbergen sich andere innere Erkrankungen hinter einem Haarausfall. Medikamente ?Arzneimittel sind wesentlich häufiger die Ursache für Haarausfall, als man vermutet?, klärt Ralf Paus auf. Vor allem in der empfindlichen Wachstumsphase können Wirkstoffe, die mit der Blutversorgung in die Haarwurzel gelangen, das Wachstum bremsen. Das sind vor allem: ? Betablocker (Blutdrucksenker) ? Lipidsenker (Mittel gegen zu hohe Blutfette) ? Chemotherapeutika (zur Krebsbehandlung) ? Blutgerinnungshemmer ? Antibabypille mit hohem Gestagenanteil ? einige Antibiotika ? Rheumamittel ? nicht optimal dosierte Schilddrüsenhormone ? Jod Nährstoffmangel Manchmal ist Haarausfall auch das Zeichen, dass wichtige Haarbausteine fehlen, ganz besonders durch eiweißarme Diäten. ?Haare bestehen zu einem hohen Anteil aus Eiweiß. Wer nur Vitamine und Proteine zuführt, braucht sich nicht zu wundern, wenn es zu starkem Haarausfall kommt?, so Ralf Paus. Gut gefüllte Eisenspeicher sind ebenso wichtig für gutes Haarwachstum. Frauen, die eine starke Monatsblutung haben, können Eisenmangel bekommen, den sie ausgleichen sollten. Der Experte: ?Selbst eisen- und proteinreiche Ernährung mit magerem Fleisch reicht hier oft nicht aus, so dass Eisentabletten eingenommen werden müssen.? Allerdings sollte man Eisenpräparate nur in Absprache mit dem Arzt einnehmen, da ein Zuviel gesundheitsschädliche Wirkungen hat. Auch Zink und Biotin schreibt man haarwuchsfördernde Effekte zu, obwohl die Beweislage für den Menschen noch unzureichend ist. Der Haarbaustein Vitamin A ist mit Vorsicht zu genießen: Zwar sollte man davon für gesundes Haarwachstum ausreichend zu sich nehmen. ?Ein Zuviel des Guten führt jedoch schnell zu ? manchmal sogar starkem ? Haarausfall,? warnt der Hamburger Haar-Wissenschaftler. An Haarbausteinen kann es mangeln, wenn man über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder hungert (unter 1000 Kalorien pro Tag). So haben Magersüchtige meist nur dünnes Haar. Auch Vegetarier sind gefährdet, zu wenig Eisen und Zink aufzunehmen. Testosteron & Co. Die erbliche Überempfindlichkeit der Haarwurzel gegen das männliche Hormon Testosteron gilt mit rund 95 Prozent als häufigste Ursache von Haarausfall von Männern und mit 80 Prozent von Frauen (androgenetischer Haarausfall). ?Die Schlüsselgene dafür haben wir noch nicht entdeckt. Wir vermuten, dass viele verschiedene daran beteiligt sind. Deshalb ist die Suche so schwierig?, berichtet Ralf Paus. Der Körper verwandelt Testosteron in Dihydrotestosteron (DHT). Sind die Haarwurzeln anlagebedingt anfällig gegenüber diesem Hormon, verkürzen sich die Haarzyklen. Die Haare wachsen immer dünner nach, die Haarwurzeln schrumpfen. Später verkümmern viele von ihnen ganz. ?Verantwortlich dafür sind bestimmte Enzyme, durch die DHT in den Haarfollikeln und ihrer Talgdrüse gebildet werden?, erklärt Ralf Paus den zu Grunde liegenden Mechanismus. Doch nicht nur die männlichen Hormone beeinflussen das Haarwachstum. ?Auch Östrogene stimulieren die Haarwurzeln. Die Haare verweilen dadurch länger in der Wachstumsphase?, so der Hamburger Haar-Experte. Östrogene scheinen bestimmte Wachstumsfaktoren in Haut und Haaren anzuregen. Frauen bekommen deshalb vor allem dann androgenetischen Haarausfall, wenn Östrogen, der Gegenspieler des Testosterons, in zu geringer Menge vorhanden ist, oder der Östrogenspiegel nach einer Entbindung, dem Absetzen der Pille oder in der Menopause stark abfällt. Hat eine Frau dabei auch noch die erbliche Veranlagung der Haarwurzel-Überempfindlichkeit gegenüber männlichen Hormonen (Androgenen), ist der Haarausfall umso ausgeprägter. Schwangerschaft Die Östrogenproduktion im Körper einer Schwangeren läuft auf Hochtouren, damit das Ungeborene gedeiht und sich der gesamte Organismus darauf einstellen kann. Bis zur Geburt wächst das Haar unter Einfluss des hohen Östrogenspiegels stärker und dichter. ?Mit der Geburt rutscht der Östrogenspiegel in den Keller, und damit fallen die Haare rascher aus als sonst?, so Ralf Paus. Nach dieser Phase, die bis zu sechs Monate dauern kann, normalisiert sich der Haarwuchs wieder. Stillzeit Das Hormon Prolactin, das unabkömmlich zur Milchbildung ist, verkürzt die Wachstumsphase (Anagen) der Haare. Zusätzlich sinkt nach der Entbindung der Östrogenspiegel drastisch. Die Haare fallen also vermehrt aus. Meistens reguliert sich das wieder nach dem Abstillen. Zusätzlich kann der durch männliche Hormone verursachte, schleichende Haarausfall in dieser Zeit voranschreiten. Stress Steht die Psyche unter Druck, leiden die Haare ? eine Erfahrung, die bereits viele gemacht haben. Jetzt gibt es auch Studien, die diese These wissenschaftlich untermauern. Stresshormone entfalten beim Abbau im Körper ähnliche Wirkungen wie Androgene. Sie schaden den Haarwurzeln. Ralf Paus: ?Unsere Versuche mit Mäusen zeigen, dass sich chronischer Stress negativ auf das Haarwachstum auswirkt. Die Wurzeln entzünden sich, der programmierte Zelltod tritt häufiger ein, die Haare beenden ihre Wachstumsphase deutlich früher.? Auch wenn es noch unklar ist, ob diese Beobachtungen auch für den Menschen gelten, dürfte der negative Einfluss von Stress auf den Haarwuchs deutlich größer sein, als man lange angenommen hat. Die viel diskutierte ? aber nie belegte ? ?Vermännlichung? der Frau als Ursache für Haarausfall liegt vermutlich hier begründet. Frauen, die durch Karriere, Familie und Haushalt mehrfach belastet sind, werden nicht männlicher. Sie haben einfach mehr Stress und lassen deshalb Haar Styling Unsanfte Behandlung, z. B. aggressive Dauerwellen, Bleichen mit Wasserstoffperoxyd, zu heißes Fönen, macht das Haar brüchig und fördert Haarausfall, weil die Haarschäfte abbrechen. Ralf Paus: ?Nur zwei Dinge schädigen das Haarwachstum jedoch als solches: ein entzündeter Haarboden, etwa durch zu seltenes Haarewaschen, und dauerhafter Zug auf die Haarwurzeln, z. B. ein zu fest gezurrter Pferdeschwanz oder bestimmte Afrofrisuren.? Verhütung Die Hormone der Antibabypille gaukeln dem weiblichen Organismus eine Schwangerschaft vor und verhindern damit die Befruchtung. Die meisten Produkte enthalten Östrogene, dadurch werden die Haare schöner, aber auch Gestagene. ?Sie können eine androgene Wirkung entfalten und damit Haarausfall verursachen?, erklärt der Haar-Wissenschaftler Ralf Paus. Bekommt man durch eine Antibabypille Haarausfall, reicht es meistens bereits, nach Absprache mit dem Arzt, das Produkt zu wechseln oder abzusetzen, damit sich der Haarwuchs wieder verbessert. Wechseljahre Die Östrogenproduktion lässt bei Frauen mit zunehmendem Alter nach. Darunter leidet meistens auch die Haarpracht. Das Haarwachstum ist verlangsamt, und die ?Haarfabriken? werden kleiner. Deshalb haben ältere Frauen oft dünnere Haare als junge.
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